Leichte Sprache – Wissenswertes

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine leicht verständliche Sprache für das gesprochene sowie das geschriebene Wort. Sie basiert auf einem Regelwerk, in dem sich Aussagen zu Rechtschreibung, Grammatik und Gestaltung sowie zu Zahlen finden. Durch die Umsetzung der Regeln entstehen leicht verständliche Texte mit einem neuen, übersichtlichen und strukturierten Erscheinungsbild.


Neben den Bedürfnissen von Menschen mit Lernschwierigkeiten nach einer bestimmten Sprach- und Schriftform sind das Konzept und die Forderung nach Leichter Sprache auch eng mit der Interessenvertretung und den Menschenrechten von Menschen mit Lernschwierigkeiten verknüpft.

Weitere Informationen zum Thema Leichte Sprache finden Sie bei unseren Leistungen und und unseren Fortbildungen.

Wichtige Regeln für Leichte Sprache

  • Kurze Wörter und Sätze verwenden
  • Bekannte Wörter verwenden
  • Keine Fremdwörter oder schwierigen Wörter verwenden oder diese Wörter erklären
  • Bestimmte Schriftarten, Schriftgrößen, Zeilenabstände einhalten
  • Keine kursive und Blockschrift verwenden
  • Kein Genitiv und Konjunktiv
  • Texte zusätzlich mit geeigneten Bildern erläutern
  • Lange Wörter mit Binde-Strichen vereinfachen
  • Prüfung von Texten durch die Zielgruppe von Leichter Sprache
  • Pro Zeile nur eine Aussage und ein Satz

Prüferinnen und Prüfer von Leichter Sprache

Eine wichtige Regel besagt, dass die Menschen, für die Texte in leichter Sprache verfasst werden, den Text im Anschluss prüfen und anschließend bei Bedarf eine Korrektur vorgenommen wird. Erst wenn die Expertinnen und Experten in eigener Sache die Texte verstehen und für gut befinden, ist die Arbeit fertig und sollte verwendet werden. Dann kann auf der Publikation beispielsweise das Signet vom Verein Inclusion Europe e.V. - eine Art europäisches Gütesiegel für Leichte Sprache – verwendet werden.

Illustrationen für Leichte Sprache

Die ersten Illustrationen erschienen im Wörterbuch für Leichte Sprache von Mensch zuerst e.V. von den Illustratorinnen Sonja Karle und Reinhild Kassing. Kostengünstige Illustrationen erhalten Interessierte auch mit dem 2013 erschienenen Buch „Leichte Sprache – Die Bilder“ von der Lebenshilfe Bremen.

Auch aus anderen Ländern können Illustrationen für die Bebilderung der Texte erworben werden. Interessant ist hier beispielsweise die Valuing People Clipart Collection von Inspired Services aus Großbritannien, die auch Bilder zu ethnischen Minderheiten beinhaltet.

Menschen mit Lernschwierigkeiten

Zu der Zielgruppe zählen vor allem Menschen mit Lernschwierigkeiten, vielen eher bekannt als Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung. Wir verwenden den selbst gewählten und bevorzugten Begriff, eingeführt durch die Interessenvertretung Mensch zuerst - Netzwerk People First Deutschland e.V.

Der Verein macht deutlich, dass sich viele Menschen durch die Bezeichnung - geistig behindert - diskriminiert fühlen und ihn deshalb ablehnen und sich einen neuen Begriff wünschen: Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Zielgruppen von Leichter Sprache

Leichte Sprache bedeutet vor allem Barrierefreiheit für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Aber auch für Menschen mit wenig Deutschkenntnissen oder Menschen mit geringen Lese- und Schreibkenntnissen sowie gehörlose Menschen profitieren enorm von dieser Form der Barrierefreiheit. Weiter geht es mit älteren Menschen, denen die zunehmende Anzahl an Anglizismen in der Sprache Probleme bereitet.

Letztlich profitieren alle Menschen von einer leicht verständlichen Sprache, denn wer hat nicht schon einmal mit einem großen Fragezeichen vor einem Formular oder einem amtlichen Schreiben gesessen?

Warum gibt es Leichte Sprache?

Die Antwort ist ganz einfach: Damit jeder Mensch wichtige Informationen verstehen kann. Denn das Verstehen ist die Grundlage dafür, eine Entscheidung zu treffen oder sich eine Meinung zu bilden.

So wie Treppen eine Rollstuhlfahrerin an der gesellschaftlichen Teilhabe hindern, so ist schwere Sprache ein Hindernis für Menschen mit Lernschwierigkeiten und viele andere. Die Folge davon ist das fehlende Verstehen von wichtigen Informationen und in nächster Konsequenz der Ausschluss von wichtigen Entscheidung und Mitbestimmung, wenn es um persönliche oder gesellschaftliche Themen geht.

Leichte Sprache ist keine Kindersprache, sondern für erwachsene Menschen, die diese brauchen, um selbstbestimmt leben und verantwortungsbewusst mitentscheiden zu können.

Gesetzliche Grundlagen für Leichte Sprache

Auch neue gesetzliche Grundlagen sind ein Grund dafür, warum Leichte Sprache immer bekannter wird. Die Behindertenrechtskonvention fordert Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen, auch im Bereich von Kommunikation und Medien. In allen gesellschaftlichen Bereichen sollen Menschen mit Behinderung teilhaben können. Dazu zählt auch die Abschaffung von Sprachbarrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten. In diesem Sinne sind die BRK, und ebenso das Behindertengleichstellungsgesetz, grundlegend für die Herstellung von Barrierefreiheit auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Regelwerke und Verordnungen für Leichte Sprache

  • Die Regeln für Leichte Sprache, Netzwerk Leichte Sprache e.V.
  • Informationen für alle. Europäische Regeln, wie man Informationen leicht lesbar und leicht verständlich macht.
  • Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung BITV 2.0), Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Stand 2011.
  • Sag es einfach! Europäische Richtlinien für die Erstellung von leicht lesbaren Informationen, Europäische Vereinigung der ILSMH, 1998.

Seit wann gibt es Leichte Sprache?

Seit wann gibt es Leichte Sprache in Deutschland?

Was meinen Sie, wie lange gibt es Leichte Sprache bereits? Vielleicht sind Sie geneigt zu antworten: „So lange es Menschen gibt und diese sich verstehen möchten.“ Und Sie haben natürlich Recht!

Allerdings: Das Konzept der Leichten Sprache mit seinen Regeln in dieser Form ist noch nicht ganz so alt. In Deutschland nahm die Entwicklung vor etwa 15 Jahren ihren Lauf und war seiner Zeit eng mit dem Verein der Lebenshilfe verknüpft.

Wenige Jahre später gab es den Verein „Mensch zuerst – Netzwerk people first Deutschland“ in dem sich bis heute Menschen mit Lernschwierigkeiten für ihre Rechte und die Leichte Sprache stark machen.

Mit dem Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen startete 2004 eines der ersten Übersetzungsbüros und wenig später folgte 2006 das Netzwerk für Leichte Sprache.

Seit wann gibt es Leichte Sprache in anderen Ländern?

In vielen Ländern wie beispielsweise Finnland und Schweden kann die Leichte Sprache, mit länderspezifischen Unterschieden, bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken. Entsprechend gibt es dort teilweise eigene Buchverlage und Leichte Sprache in Büchereien und vieles mehr.

Entwicklungen im Bereich Leichte Sprache

Wachstum

Bei der Leichten Sprache handelt es sich um ein relativ neues Sprach-und Schriftsystem zur Herstellung von Barrierefreiheit für eine Reihe von Zielgruppen. Für Leichte Sprache zeigen sich immer mehr ganz unterschiedliche Anwendungsfelder wie Texte, Bücher, Flyer, Formulare, Gesetze, Nachrichtensendungen, Internetseiten sowie Veranstaltungen – um nur einige zu nennen.

Neuer Markt und Forschungsfeld

Aus diesem Grund ist in der kommenden Zeit mit weiterem Wachstum in puncto Bekanntheit, Interesse sowie Vermarktung und Forschung inklusive kontroverser und spannender Diskussionen zu rechnen.

Expertinnen und Experten mit Lernschwierigkeiten einbeziehen

Wichtig erscheint bei dieser Entwicklung vor allem, die vorrangige Zielgruppe der Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht aus dem Blick zu verlieren und sie als Expertinnen und Experten in eigener Sache ernstzunehmen, sie zu stärken und ihr Potential zu nutzen.

Qualität

Und auch die Qualität und die Frage nach Kontroll- und Zertifizierungsoptionen von Erklärungen und Übersetzungen in Leichte Sprache gilt es zu thematisieren.

Analphabetismus in Deutschland

Laut der Level-One Studie (LEO) ist davon auszugehen, dass insgesamt bei knapp 60 % der deutschen Bevölkerung, das sind knapp 31 Millionen Menschen, erhebliche Probleme beim Lesen und Schreiben haben. Damit dürfte für den überwiegenden Teil der Bevölkerung die in vielen Medien verwendete Sprache zu schwierig sein und diese zudem kaum zum Lesen motivieren. Es gibt somit eine große Gruppe von Menschen, die von einer leicht verständlichen Sprache profitieren.

Funktionaler Analphabetismus

In Deutschland leben 7,5 Millionen Menschen im erwachsenen Alter, das entspricht 14,5 % der Bevölkerung, die nicht im  allgemein erwarteten Sinn lesen und schreiben können. Kurze Texte werden nicht verstanden, auch wenn einzelne Wörter und Sätze erfasst werden. Das bezeichnet man als funktionalen Analphabetismus bezeichnet. Die Lese- und Schreibfähigkeiten liegen unterhalb des als gängig angesehenen Durchschnitts der Bevölkerung. Außerdem besitzen sie keine oder so geringe Lese- und Schreibfähigkeiten, dass sie an der gesellschaftlichen Teilhabe gehindert sind, weil sie übliche schriftliche Informationen nicht aufnehmen können.

Analphabetismus

Noch einmal 4,5 % der Bevölkerung, rund 2,3 Millionen Menschen, können keine kompletten Sätze lesen und verstehen, und auch bei einzelnen Wörtern müssen die Buchstaben einzeln zusammengesetzt werden, um den Sinn zu erkennen.

Was ist der Unterschied zwischen Leichter Sprache und einfacher Sprache?

Einfache Sprache

Einfache Sprache bietet vor allem Menschen mit geringen Lesefähigkeiten oder Deutschkenntnissen einen wichtigen Zugang zur Sprache. Auch bei der einfachen Sprache werden Fremdwörter vermieden und stehen klar strukturierte Texte im Vordergrund.

Leichte Sprache

Leichte Sprache unterscheidet sich von einfacher Sprache durch den Grad der Schwierigkeit und auch durch das Erscheinungsbild. Bei der einfachen Sprache können beispielsweise Konjunktive verwendet werden und auch die Sätze dürfen etwas länger sein. Des Weiteren finden sich die Bebilderung der Texte und die Prüfung durch die Zielgruppe nur bei der Leichten Sprache als Regel um nur einige Unterschiede zu nennen.

Sprach-Niveau

Leichte Sprache hat das Sprachniveau A1, während einfache Sprache sich auf den Sprachniveaus A2 bis B1 bewegt. Diese Sprachniveaus nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen (GER) spielen beispielsweise auch beim Erlernen von Fremdsprachen eine Rolle.

Quellen und Weiterführendes zu Leichter Sprache

Internetseiten

Downloads

Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) können Sie zahlreiche Materialien auch in gedruckter Form in Leichter Sprache kostenlos bestellen.

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